Am Freitag hat die Opening Party unserer DMY Satelliten Ausstellung stattgefunden und wir danken für einen langen und ereignisreichen Abend. Unser Freund Lothar Quinkenstein eröffnete die Ausstellung mit folgenden Worten:
Lieber das Thema nicht erschöpfen als das Publikum erschöpfen – wie ein geflügeltes Wort in Polen sagt, deshalb will ich mich auch kurz fassen – nur ein paar Sätze, ein paar Gedanken zum Anlass dieses Abends...
Drache und Bär, smok i niedźwiedź – Krakau und Berlin, Kraków i Berlin...
Die beiden Städte, die hier zusammenkommen, liegen – und das nicht allein in geographischer Hinsicht – weit auseinander. Der Gegensatz könnte wohl kaum größer sein: das preußisch-protestantische Berlin und die polnische Königsstadt, die – in späterer Zeit dann – auch noch ihre nostalgischen Erinnerungen an Franz Joseph I. und verschiedene Erzherzöge pflegt – aber nicht darum soll es hier jetzt gehen, nicht um Historisches, um Polen, Preußen oder Habsburg, sondern um Lena Hensel und Grzegorz Cholewiak.
Lena Hensel wurde in Berlin geboren, sie studierte in Nürnberg und Krakau Bildhauerei, folgte also den Spuren von Veit Stoß – der in Krakau Wit Stwosz heißt und dort übrigens ebenso als „Sohn der Stadt“ verehrt wird wie in Nürnberg.
Grzegorz Cholewiak wurde in Tarnów geboren, einer Stadt etwa 100 km östlich von Krakau, er absolvierte eine Ausbildung zum Möbelrestaurator und studierte anschließend Produktdesign an der Kunstakademie in Krakau.
Was Sie heute hier sehen, nahm seinen Anfang mit dem Namen einer Krakauer Straße – der ul. Czarodziejska – auf Deutsch „Zauberstraße“. „Czarodziejska Projekt“ war dann auch der Name der ersten gemeinsamen Unternehmung von Lena und Grzegorz. Insgesamt sieben Jahre haben sie in Krakau gelebt, in Krakau wurde ihre Tochter Rosa geboren; sieben Jahre – das ist eine recht lange Zeit, in sieben Jahren wird man heimisch. Und dass das jetzt auch in Berlin gelingt – wo sie seit Dezember 2011 leben –, das wäre anlässlich des heutigen Abends ganz besonders zu wünschen.
Grzegorz Cholewiak verfolgt mit seinen Arbeiten ein Prinzip der Klarheit, der Schlichtheit, der Zeitlosigkeit – und dieses Prinzip des Einfachen ist nicht nur eine Frage der Form, sondern meint ganz konkret auch den Herstellungsprozess. Seine Produkte werden in kleinen Betrieben gefertigt – von Hand –, sind also Teil einer an lokalen, regionalen Gesichtspunkten orientierten Wirtschaftsweise, keine Massenware. Und die Prise Magie, die die „Zauberstraße“ enthält, ist auch in die „Kvadratt“-Module eingeflossen, denn diese werden – neben ihrer Existenz als Produkte im engeren Sinne – immer wieder Anlass zu kleinen Geschichten, die in einer Art Parallelwelt spielen oder vielleicht ganz einfach nur vorwegnehmen, was sich an den Orten ereignen wird, an denen „Kvadratt“ demnächst steht...
Hier unter uns – im Souterrain – sind Arbeiten von Lena Hensel zu sehen, die in den letzten drei Monaten entstanden sind. Der Titel dazu – „Aupa“ – führt uns in eine Grenzregion der Erinnerung: ins Riesengebirge; dort entspringt, in der Nähe der Schneekoppe, die Aupa (tschech. Ùpa), ein Nebenfluss der Elbe – doch weniger die eigentliche Topographie steht hier im Vordergrund als vielmehr das erzählerische Potential dieser Gegend, die die Heimat des Rübezahl ist – auf Polnisch „Liczyrzepa“ oder auch „Duch Gór“ (Berggeist) genannt. Wir sehen Keramikarbeiten – „Rubenzagels Wundergarten“ –, außerdem sog. „Mummeln“, deren Name inspiriert ist von einem weiteren Flüsschen, das nahe der Elbquelle, auf der Mummelwiese, entspringt.
Nicht vergessen möchte ich auch die Leseecke – hier wird das Buch „Nocturne“ vorgestellt – und nicht vergessen seien auch diese „Nachtstücke“, die in einem ganz buchstäblichen Sinne zum Träumen anregen sollen.
Alle Produkte, das sei auch noch einmal gesagt, können selbstverständlich erworben werden.
Und weil die Kunst wahrscheinlich nicht auskommt ohne dieses Quentchen Irrationalismus, gleich wie oft es ihr auch schon vorgeworfen wurde im Laufe der Jahrhunderte, möchte ich noch einmal auf die beiden Straßen zurückkommen – aus der ul. Czarodziejska in die Herschelstraße – der Weg ist vielleicht doch nicht so weit, wie es auf den ersten Blick scheint. Friedrich Wilhelm Herschel war nämlich jener Astronom, der an einem Frühlingsabend im Jahre 1781 – er hielt sich damals gerade in England auf – einen neuen Planeten entdeckte, der schließlich den Namen Uranus erhielt – und in einschlägigen Arbeiten über die Bedeutung des Himmels im Allgemeinen und der Planeten im Besonderen finden wir z.B. Folgendes: Uranus ist der Planet der Freiheit und der Veränderung; zugeschrieben werden ihm plötzliche Einfälle, Erfindungen, Aha-Erlebnisse und Geistesblitze...
Lothar Quinkenstein
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